Denn Werte haben keine Flügel, aber eine Stimme
Eine Stimme der inneren Haltung, die man sichtbar als Mode trägt – wild, frech und ungezähmt – das das ist das Motto des Salzburger Modelabels trAchtsam.
Ich habe das Modelabel trAchtsam in Salzburg gegründet und bin damit in die Rolle der Fair-Fashion-Designerin hineingewachsen. In erster Linie bin ich Paarcoach und Mediatorin. Außerdem unterstütze ich seit 1999 mit dem Verein AGORA Österreich soziale Projekte. Eine besondere Herzensangelegenheit ist dabei Kinderhospizbewegung, vor allem das Kinderhospiz Sterntalerhof.
Seit 2017 arbeite ich gemeinsam mit vielen Gleichgesinnten am nachhaltigen Gemeinschaftprojekt trAchtsam. Hier sollen Menschen unterschiedlicher Generationen und sozialer Backgrounds die Gelegenheit haben, ihre individuellen Fähigkeiten einzubringen. Kooperiert wird mit PensionistInnen ebenso wie mit SchülerInnen und ExpertInnen. Wir produzieren regional, halten Transportwege kurz und verarbeiten so viel Material wie nur möglich aus vorhandenen Ressourcen. Unseren Kundinnen bieten wir einmaliges Design, beste Qualität und umfassende Stilberatungen, damit sie sich von Kopf bis Fuß wie die Königinnen fühlen, die sie in Wahrheit auch sind.
Ein Teil der Erlöse fließt an einen guten Zweck, in erster Linie an die Kinderhospizbewegung.
Es geht uns darum, die Welt gemeinsam zu gestalten, für ein gemeinsames Morgen, wo wir uns – trotz unterschiedlicher Meinungen – mit Toleranz, Solidarität und Mitgefühl begegnen – egal wie edel auch unsere Beweggründe sind.
Wir haben fast alle schon einmal „upgecycelt“. Als Kind haben wir aus Zeitungspapier oder vermeintlichen Abfällen ganze Kunstwerke gebastelt, und jedes Mal hat es uns mit tiefster Zufriedenheit und großer Freude erfüllt, wenn das Projekt gelungen ist. Upcycling ist die kreative Zweckentfremdung vorhandener Materialien. Dabei entstehen nicht nur außergewöhnliche und individuelle Objekte, sondern es werden auch Ressourcen geschont. Denn warum sollte man neue Rohstoffe abbauen, wenn doch bereits Unmengen davon zur Verfügung stehen?
Der Begriff „Upcycling“ wurde erstmals 1994 von dem Ingenieur Reiner Pilz erwähnt. „Recycling“, sagte er, „ich nenne es Down-cycling. Sie schlagen Steine kaputt, sie schlagen alles kaputt. Was wir brauchen, ist Up-cycling, bei dem alte Produkte einen höheren Wert erhalten, keinen geringeren.“
Genau aus dieser Überzeugung heraus habe ich trAchtsam gegründet. Unterstützt werde ich von vielen Mitstreiterinnen und Mitstreitern, die derselben Überzeugung sind. Derzeit ist es möglich, ca. 70 Prozent der Produktion aus Zuschnittresten, Altkleidern etc. herzustellen. Das Ziel für die nahe Zukunft ist, den Anteil an upgecycelten Materialien noch zu erhöhen.
Wir bieten Trachtenmode im Stilmix für Frauen und Mädchen. Das Dirndl steht dabei im Fokus, denn es ist mehr als nur ein Kleidungsstück, es ist Botschaftsträgerin für Schönheit, Wandelbarkeit und Weiblichkeit. Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht, Produkte für eine Käuferschicht zu produzieren, die bewusst ein Zeichen setzt und sich zu einer bestimmten Haltung, nämlich zu Fairness und Umweltbewusstsein, bekennt. trAchtsam wird regional produziert und verbindet Generationen, denn wir alle können voneinander lernen und ergänzen uns nicht nur wunderbar, sondern bereichern uns gegenseitig ungemein.
Schlechte Arbeitsbedingungen in Billiglohnländern, Umweltverschmutzung durch Chemikalien – die negativen Seiten der Modeproduktion sind bekannt und brauchen dringend einen Wandel in Richtung Menschlichkeit, Umweltbewusstsein und Respekt. Schätzungen zufolge werden rund 30 Prozent der Stoffe bereits als Zuschnittreste weggeworfen. Mancher macht sich seine Gedanken, wie man dem entgegenwirken kann. Auch mir sind diese Gedanken im Kopf herumgegangen und haben mich dazu angetrieben, eine Alternative anzubieten. Es geht mir dabei um einen Wertewandel, deshalb ist trAchtsam auch ein offenes, ökosoziales Projekt.
„There is true beauty in the finest clothes, when they are made with love and respect for all living beings“, so lautet mein Credo.
Ganz einfach, man kreiert eine umweltbewusste Mode, die alles andere als nach „Ökolook“ aussieht. Heuer sind es die tollen Herbst-Kurzarmmäntel, die ein absoluter Hingucker sind – zeitlos und absolut variabel einsetzbar. Für uns besteht die Herausforderung dabei, dass wir so gut wie alles verwerten, was wir an Material erhalten. Wie ein Bildhauer aus dem Stein eine Skulptur hervorbringt und diese bereits schon davor erkennt, so sehe ich in jedem einzelnen Stoff, welches Kleidungsstück daraus kreiert werden soll. Dabei wird jedes Kleidungsstück zum Unikat und die Trägerin kann sich sicher sein, dass es dieses bestimmt kein zweites Mal gibt.
Das ist das Markenzeichen von trAchtsam, wertvolle Stoffe vor dem vorzeitigen Wegwerfen zu retten und daraus tolle Einzelstücke zu kreieren. Die Materialien sind übrigens keineswegs aus qualitativen Gründen zum Wegwerfen vorgesehen, sondern aus Effizienzgründen. Sie werden uns dankenswerterweise von Unternehmen bereitgestellt.
Deshalb ist trAchtsam mehr als nur ein Modelabel, es steht für „gut aussehen und Gutes tun“. Moderner Lifestyle kombiniert mit bewusstem Konsum – stylisch, fair, nachhaltig. Mode bestimmt die Wirtschaft, auch wenn sie in Zeiten wie diesen nicht so wichtig scheint, weil wir uns mit Werten der Gesundheit, der Existenz usw. beschäftigen. Aber Mode wird eines Tages wieder ein entscheidender und branchenübergreifender Wirtschaftsfaktor sein, davon sind wir überzeugt.
Die Modeindustrie erlebt gerade einen Wandel, darin sehe ich auch eine große Chance. Aus meiner Sicht werden sich zwei große Richtungen auftun, einerseits die Billigmode mit dem Onlinehandel und andererseits die hochwertige, nachhaltige und exklusive Mode mit dem individuellen Absatz und persönlicher Beratung, wo die Kundin Königin ist und von Kopf bis Fuß beraten wird, weil sie das liebt. Demnach gilt Mode als eine Branche, die schon heute eine neue Orientierung verlangt. Das ist zumindest unser bodenständiges Statement für unsere Kleidung von gestern bis übermorgen – ein generationsübergreifendes Make-over aus Verantwortung, Nachhaltigkeit und Wert. Denn woher wir kommen und wohin wir uns bewegen, hängt davon ab, wer wir sind. Und Kleidung ist dabei ein wichtiger äußerer Ausdruck unserer inneren Haltung.
Obwohl der Onlinehandel weltweit boomt, setzen wir auf ein komplett anderes Verkaufskonzept. Wir sind stolz darauf, denn dieses Jahr war für die Modebranche weltweit eine schwierige Zeit. Auch wenn es für uns anders gekommen ist, als wir uns das in diesem Jahr vorgestellt hatten, konnten wir mit unserem individuellen Verkaufskonzept und den exklusiven Private Shopping Days unsere Kundinnen mit unserer Mode begeistern.
Für die nächste Saison haben wir uns dazu entschieden, zu pausieren und keine Kollektion herauszubringen, denn Wirtschaft braucht auch so etwas wie Berechenbarkeit, damit daraus was Tolles entsteht. Einstweilen möchten wir allen Kundinnen von Herzen für ihre Treue und ihr Vertrauen danken!
Wir werden unsere Energie in der kommenden Zeit nach innen richten, um dann wieder mit voller Kraft voraus zu gehen. Die nächste Kollektion werden wir im Frühjahr 2022 präsentieren. Bleiben Sie also gespannt, in Sachen Fair Fashion tut sich bei uns immer was!
Bis dahin bleibt trAchtsam auf allen euren Wegen. Wir freuen uns auf die Begegnungen mit dir, mit euch, uns und unserer trAchtsam-Mode.
Ich wünsche uns allen eine gesunde und trotz so einigen Herausforderungen, eine besinnliche Zeit.
Eure Natascha Koller
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